Alles Musical - die große Bühnenshow 2022

 


 

Große Stimmen, große Emotionen

Jubiläum: Mit „Alles Musical“ ist dem vor 125 Jahren gegründeten Liederkranz Weiler i.d. Bergen in Kooperation mit dem Vokal-Ensemble Stimmkultur ein ganz großer Wurf gelungen. Nicht enden wollende „Standing Ovations“ sprachen da eine eindeutige Sprache.

Von Gerold Bauer (Remszeitung, 05.10.2022)

 

Wer Kathrin Bechstein kennt, weiß von ihren hohen Ansprüchen in Sachen Qualität des Gesangs. Eines ihrer Ensembles heißt nicht von ungefähr „Stimmkultur“. Und auch beim von ihr geleiteten Liederkranz Weiler i.d.Bergen legt die ehemalige Opernsängerin, die seit Jahren sehr erfolgreich als Gesangslehrerin und Regisseurin in Gmünd aktiv ist, auf das Kultivieren des Gesangs durch Stimmbildung sehr viel Gewicht. Damit (und natürlich durch eine außergewöhnliche Disziplin bei den Proben und beim fleißigen Üben auch zu Hause) wurde die Voraussetzung geschaffen, dass ein Laien-Ensemble ein so grandioses abendfüllendes Programm auf die Bühne des Stadtgarten-Saals zaubern und mit Bravour Stücke meistern kann, die normalerweise selbst für Profis eine Herausforderung darstellen. Staunen und Bewunderung für diese Fähigkeiten wechselten sich am Montagabend im Peter-Parler-Saal ab mit einer Begeisterung, die sich aus der emotionalen Komponente ergab.

 

 

Dabei war von den Mitwirkenden nicht allein gefordert, bei den anspruchsvollen Kompositionen die richtigen Töne zu treffen, sondern auch noch als Schauspielerinnen und Schauspieler zu agieren. Bei derart emotionsgeladenen Stoffen wie dem Musical „Elisabeth“ besteht ja immer die Gefahr, dass Laien bei Gestik und Mimik überziehen und ins Theatralische abgleiten. Doch dies ist bei der Inszenierung der beiden Gmünder Ensembles nicht passiert.

 

 

 

Da hat einfach alles gepasst – auch die temperamentvolle Bewegung im Raum während des Singens. Dass in ganz, ganz seltenen Ausnahmen in extrem schwierigen Passagen mal nicht ganz exakt ein Ton getroffen wurde, fällt bei einer so gigantischen Leistung nicht ins Gewicht. Zumal unter der fordernden und fördernden Führung der künstlerischen Leiterin die Solistinnen und Solisten weit über das hinaus gewachsen sind, was von Mitgliedern eines Gesangvereins erwartet wird. Große Stimmen, große Emotionen – so lässt sich der Abend unter dem Motto „Alles Musical“ auf einen Punkt bringen.

 

Wer „Elisabeth“ in der Fassung von Alan Menken noch nicht kannte, sondern die kitschig-romantisch verklärte Darstellung aus den Sissi-Filmen mit Romy Schneider im Kopf hatte, erlebte auf der Bühne eine ganz andere Elisabeth. Sie entsprach mit ihrem Wunsch nach Selbstbestimmung dem Bild der modernen Frau, die sich nicht mehr damit zufrieden gibt, das dekorative, aber schweigende Anhängsel ihres Ehemanns zu sein. Die Botschaft: Wenn der Respekt fehlt, dann scheitert die Liebe.

 

 

Kathrin Bechstein arbeitete komplett ohne Requisiten, ohne dass dadurch jene karge Atmosphäre entstand, die man vom epischen Theater her kennt. Vielmehr kam dabei ein ähnliches Konzept zum Tragen wie bei der Staufersaga: Im Zusammenspiel von farbigem Licht und aufwändigen Kostümen entstand jene Illusion, die das Publikum eintauchen ließ in die Szene. Ob beim stehenden Bühnenbild mit einem Foto auf der Leinwand (im zweiten Teil bei „Elisabeth“) oder durch im Hintergrund laufende Sequenzen aus Disney-Animationsfilmen (im ersten Teil zu den Melodien aus „Der Glöckner von Notre Dame“, „Die Schöne und das Biest“ und „Arielle“): Die Techniker haben da wirklich tolle Arbeit geleistet.

Besetzung für „Disney Dazzle“: Solisten waren Tobias Jäckel, Bertram Frisch, Sebastian Grimm, Maximilian Stütz, Daisy Mauser, Nathalie Miriam Bosch, Dorothea Dehling, Annika Brenner, Jasmina Böttcher.

Besetzung „Elisabeth“: Bertram Frisch (Richter), Michael Kiebler (Lucheni), Michael Pick (Tod), Nathalie Miriam Bosch (Elisabeth), Horst Linke (Herzog Max), Jacqueline Waibel (Gouvernante), Maximilian Stütz (Franz Joseph), Sabine Stütz (Erzherzogin Sophie), Annika Brenner (Gräfin Esterhazy), Daisy Mauser (Frau Wolf)

Chor: Stimmkultur und Liederkranz Weiler

Kostüm: Grete Thomas; Maske: Uschi Hamhaber, Claudia Alka, Karin Frank

Technik: Horst Linke, Dominik Arnold

Gesamtleitung: Kathrin Bechstein

 

 

Text: Gerold Bauer - Remszeitung vom 5.10.2022