Pressestimmen aus der RZ, 24.06.03, geschrieben von Manfred Laduch,

Bilder privat, Liederkranz Bettringen

 

 

Geschichten von der Konzertreise des Stauferchores

 

Als Tannhäuser auf dem Brenner stand

 

Mit 100 Sängerinnen und Sängern in zwei Bussen startete der Stadtverband Musik und Gesang zur großen Konzertreise in Schwäbisch Gmünds italienische Partnerstadt Faenza. Vieles erlebten die Mitglieder dieses "Stauferchores" in den vier Tagen:

Mit zwei Fahrzeugen transportierte das Team schon einen Tag vorher die über 150 Kostüme nach Italien: Ein Pkw, gefolgt von einem Kleinbus. Dass der Kleinbus auf dem Brenner mit gerissenem Keilriemen schlapp machte, merkte der Pkw-Fahrer nicht. Dummerweise waren in seinem Wagen die beiden mitgeführten Handys. So mussten die in T-Shirts und kurzen Hosen gewandeten Kleinbus-Insassen Stephan Kirchenbauer und D‘Ann Douthit-Ricciolini ein Stück laufen, um Hilfe zu holen. Dummerweise setzte gerade Schneeregen ein. Um nicht völlig durchnässt zu werden, griffen sie zum einzig vorhandenen Schutz: Kleidung aus der Tannhäuser-Kollektion. Es sollen einige Autofahrer sehr merkwürdig geguckt haben.

Untergebracht waren die Sänger in einem Kloster 15 Kilometer außerhalb von Faenza. Solisten hatten wegen zusätzlicher Proben Zimmer in der Stadt, ebenso der als Kreisrat und Dolmetscher mitgereiste MdL Mario Capezzuto. Stephan Kirchenbauer nahm sie bei Ankunft der Busse am Stadtrand in Empfang. Und da es im Auto etwas eng zuging, fand sich der rote Abgeordnete plötzlich mit Kirchenbauers schwarzem Hund "Emily" auf dem Schoß wieder.
Sehr beeindruckt waren die Gmünder vom "Istituto Emiliani" - einem riesigen Kloster, das heute von wenigen Dominikanerinnen mit vielen Angestellten als Beherbergungsbetrieb mit weit über 150 Betten geführt wird. Das einzige, womit die Reisenden jeden Abend Schwierigkeiten hatten, war das Schließen aller Eingänge um 23 Uhr. Wirklich begeistert waren die Schwestern nicht, dass man sie mal um Mitternacht, am Abend der Aufführung gar um 4 Uhr morgens um Einlass bat. Aber spätestens nach einem in der Klosterkirche vierstimmig dargebrachten "Vater unser" waren diese Verfehlungen verziehen.

Die Sänger waren keineswegs die einzigen Gmünder in Faenza. So fand sich zum Beispiel ein Freundeskreis rund um Fahrlehrer Wamsler mit fünf Wohnmobilen ein, die auf einmal aller sauber aufgereiht vor dem Rathaus standen.

 

Um sein pünktliches Eintreffen in Faenza zittern musste Oberbürgermeister Wolfgang Leidig. Als er mit der Beauftragten der Stadtverwaltung für Städtepartnerschaften, Monika Buchheit, in Stuttgart auf dem Flughafen ankam, mussten sie erfahren, dass ihr Flug gestrichen worden war. Über München und von dort auf den zwei letzten per Warteliste vergebenen Plätzen schafften sie es dann doch noch nach Bologna.

Wie schnell man Schauspieler wird, mussten zwei andere Gmünder erfahren:

Busfahrer Werner Knödler und der zum Ende eines Toscana-Urlaubs mit seiner Frau eigentlich nur als "Fan" angereiste Fabian Wulf wurden kurzerhand in Helm und Mantel gesteckt, bekamen je ein Schwert in die Hand gedrückt und traten dann im "Tannhäuser" an der Seite des Königs als Ritter an den Fenstern im ersten Stock des Rathauses auf.

 

In zwei Gruppen konnten sich die Gmünder am Freitagnachmittag mit jener Kunst beschäftigen, für die die italienische Partnerstadt weltbekannt ist: Der Begriff "Fayence" für kunstvoll gestaltetes Stein - gut ist nämlich vom Namen Faenza abgeleitet. Es gibt dort ein sehenswertes Museum, das die Entwicklung dieser Kunst über die Jahrhunderte dokumentiert - und natürlich jede Menge Betriebe, die derartige Stücke in klassischen und zeitgenössischen Formen und Dekors herstellen.
Bei der Generalprobe kamen die Gmünder Sänger und die italienischen Musiker zum ersten Mal "live" zusammen. Entsprechend anspruchsvoll war es für die drei Dirigenten, die beiden Ensembles aufeinander abzustimmen. An mancher Ecke knirschte es, nicht wenige Sänger waren am Ende höchst verunsichert. Aber es bewährte sich der alte Grundsatz der Theaterleute, nach dem eine "schräge" Generalprobe fast immer eine brillante Premiere nach sich zieht. So war es auch hier. Schon das gemeinsame Einstimmen vor dem großen Konzert klang vorzüglich – und die "Show" selbst war dann schlicht großartig.

Beeindruckt zeigten sich die "singenden Stadträte" Gertrud Dangelmaier, Helmut Bader und Christian Baron vom Sitzungssaal des Stadtparlaments von Faenza. Er ist enorm hoch, bietet mindestens 200 Zuhörern Platz und die Abgeordneten sitzen sich (man sieht es ab und zu bei Übertragungen aus dem englischen Parlament im Fernsehen) auf zwei ansteigenden Tribünen gegenüber.

Kennen lernten die Gmünder diesen Saal beim offiziellen Empfang durch die Stadt. "Durch Sie wird Faenza wirklich international", freute sich OB Claudio Casadio und lobte "unsere kürzeste, aber schon intensivste Partnerschaft" (Faenza hat sechs weitere Partnerstädte).

 Als offizieller Vertreter der Stadt (OB Leidig kam erst am Samstag) bedankte sich Ortsvorsteher Celestino Piazza für alles, was die Faentiner für ihre Gäste getan hatten. Piazza führte seine eigene Lebensgeschichte als Beispiel für das Zusammenwachsen Europas an. Man wolle mit dem anstehenden Konzert "die gemeinsame europäische Musik unterstreichen - für Menschen, die nicht erst seit Verdi Musik im Blut haben."

 

"Man fühlt sich hier wie zu Hause" freute sich MdL Mario Capezzuto, der als Kreisrat die Grüße von Landrat Klaus Pavel überbrachte (der Ostalbkreis unterhält ja eine Partnerschaft zur Region Ravenna, zu der auch Faenza gehört).

"Wir sind nicht gekommen, um viele Worte zu machen", erklärte der Vorsitzende des Stadtverbandes Musik und Gesang, Richard Arnold, als Gesamtverantwortlicher der Konzertreise. Es sei ein großes Glück, dass Faenza Partnerstadt Gmünds geworden sei, und der Stauferchor sei sehr geehrt, die Bürger Faenzas am Vorabend des "Palio" einstimmen zu dürfen.

Bevor sie zum Palio gingen, gestalteten die Gmünder den Gottesdienst im Dom (Faenza ist Bischofssitz) musikalisch mit - nach einem Umzug vom Rathaus her, bei dem sie für ihre historischen Kostüme einmal mehr sehr bewundert wurden

 

 

 

 

Der Palio ist ein Reiterwettkampf, der jährlich zwischen den fünf Stadtteilen Faenzas ausgetragen wird. In der Gmünder Gruppe wurden Wetten platziert. Manche wetteten auf den Titelverteidiger, die "Weißen". Andere auf die vorher sechsmal hintereinander siegreichen "Roten". Und die holten sich tatsächlich den Titel zurück.